In Anlehnung an eine Studie der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV) sind jene Länder, welche sich im Gürtel von 40°-50° nördlicher Breite (50° N-40° N) befinden, günstig und geeignet für Weinanbau. In diesem Breitengrad liegt neben der Türkei, Italien und einigen anderen Ländern auch das Tadschikistan. (Siehe die Karte unten)
Es gibt interessante historische Fakten über Weinanbau, Saft- und Weinherstellung (sharbat und may) in der Region und über Interesse fremder Händler an diese Branche.
Willy Rickmers, der Reisende und später der Forscher aus Hamburg des 20. Jahrhunderts, beschloss, nach dem er seine Beschäftigung „als Goldschwäscher in den Flüssen Tadschikistans aufgab, in der Nähe Samarkand Wein herzustellen.
In den 20-30. Jahren des XX. Jahrhunderts hatte die junge Sowjetmacht Schwierigkeiten bei der Beschaffung vieler Lebensmittel und Bedarfsmaterialien. Viele Luxusware, aber auch Wolle, feinfaserige Baumwolle, Tee und Kaffee kamen aus dem Ausland und waren für damalige Verhältnisse viel teurer. Es fehlte an Valuta. Zu diesen Waren gehörte auch alkoholische Getränke, wie Rom.
Die Regierung der damals junger Republik Tadschikistan wurde beauftragt, die Möglichkeiten für Anbau der subtropischen Produkte hierzulande wissenschaftlich zu prüfen. Zu diesem Zweck wurden mehrere Forschungszentren und Stationen gegründet, in denen internationale Fachexperte tätig waren. Anbau von Tung-Pflanzen, Zitrusfrüchte, Feige, Granatapfel, Oliven, kautschuk- und zuckerhaltige Pflanzen standen auf der Agenda der Forschungen.
Die Geschichte der Entstehung von Zuckerrohrfeldern auf dem Territorium Tadschikistans ist sehr interessant. Die ersten Pilotenfelder wurden in den südlichen Regionen des Landes (Farchor und Schahritus) angelegt, wo aufgrund der Nähe zu den „Panj“ und „Kizilsu“ Flüssen sehr geeignet waren. Endlose Tughai-Wälder und hohen Luftfeuchtigkeit schien für Anbau von dieser zuckerhaltigen Pflanze günstig zu sein, so dass man bereits in den nächsten Jahren bis 50 Tonnen Zuckerrohrstäbe pro Hektar gewonnen hat. Die Zuckerproduktion als primäres Ziel erwies sich schnell als wissenschaftlich nicht rentabel.
Die Wissenschaftler beschlossen, aus edler Zuckerrohr Rom und „Melasse“ herzustellen. Zu diesem Zweck wurde bei einer der 9 Labors eine Romproduktionsanlage errichtet. Der gewonnene Zuckersaft wurde gegärt, fermentiert, destilliert und in Eichenfässer gelagert.
1949, also fünf Jahre später haben die tadschikischen Wissenschaftler in einer Moskauer Messe zum 20. Jahrestag der Gründung des sowjetischen Tadschikistans über die erfolgreice Zuckerrohranbau berichtet. Den Teilnehmer ließen sie einen 5 Jahre alten tadschikischen „Rum“ kosten, welcher vom Geschmack, Farbe, Qualität und Alkoholgehalt genauso gut war, wie die der Konkurrenz aus Westen. Der für den Export produzierte Rum stand in seiner Qualität vielen jamaikanischen und kubanischen Rummarken nicht nach.
In den folgenden Jahren wurden Weinanbau, Tabakanbau (bis zu 10.000 Tonnen hochwertigen Tabak), Geranienöl, saftige Süßzitronen, Feigen usw. gefördert und ausgebaut. Diese südliche Ecke der Union wurde dadurch neben anderen kaukasischen Ländern in einen touristischen und umweltfreundlichen Ort umgewandelt.
In den Folgejahren wurde die Fortsetzung dieses wirtschaftlich attraktiven Projekts aufgrund einer Reihe von externen Faktoren ausgesetzt und durch Anbau anderer industriell wichtiger technischer Produkte (Getreide, Rüben, Raps usw.) ersetzt. Es wurden seit der zweiten Hälfte des XX. Jahrhunderts mehr Baumwolle und Tabak angebaut und Zuckerrohrfelder durch Weingärten und Weinanbauflächen ersetzt.
Der Weinanbau hat sich neben dem Tabakanbau als profitable Branche entwickelt. In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden neben den Weingarten in den bewässerten Flächen auf den Bergen und in den nicht bewässerten Ackerland Weintrauben angebaut. Mehr als 16 sowjetische Staatslandwirtschaftsbetrieben (Sowchos) beschäftigten sich mit dem industriellen Weinanbau und Verarbeitung. Es gab Traubensowchosen, die jährlich aus einem Hektar bis zu 20 Tonnen Weintrauben geerntet haben. Durch das günstige Wetter und der sonnigen Tage betrug der Zuckergehalt des tadschikischen Trauben 26-28%. Die Verfügbarkeit hochwertiger Produkte trug zur Entwicklung der Wein- und Wodkaindustrie bei. Der tadschikische Wein mit guter Qualität hat auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion seine Kunden gefunden.
Den statistischen Angaben zufolge hat Tadschikistan bis 1985 jährlich bis zu 6 Millionen Dekaliter (60.000 Tonnen) Weißwein und Rotwein hergestellt. Das Weingut Schahritus produzierte jährlich mehr als 3 Millionen Flaschen des sowjetischen Sekt „Sovjetskoe Schampanskoe“.
Der aktuelle Stand der traubenverarbeitenden Industrie und des Weinprodukts (außer Wodka) in Tadschikistan ist gegenwärtig ausbaufähig. Das Produktionsvolumen beträgt lediglich einen Bruchteil der Produktion der damaligen Zeit. Die Verabschiedung des Gesetzes über den allgemeinen Produktionsverboten, Verkauf und der Weinumsatz oder „Prohibition“ hat die Zukunft der Weinbau und Weinindustrie in Tadschikistan negativ beeinflusst und zum Stillstand vieler Weinanbaubetriebe geführt. Dementsprechend ist die Produktionsausrüstung veraltet und unbrauchbar geworden. Auch der primäre Rohstoff hat sich qualitativ verändert. Heutzutage werden andere Sorten bevorzugt, die man lange lagern und gut verkaufen kann. Darüber hinaus ist die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit des tadschikischen Weins und der allgemeine Rückgang seines Verbrauchs in den vergangenen Jahrzehnten weitere Gründe für die Rückständigkeit dieses Sektors.
Der letzte Grund scheint jedoch nicht plausibel zu sein, da es eine steigende Tendenz der Weinkonsumenten zu beobachten ist. Wir können uns auch jenen Unternehmer und Investoren nicht anschließen, die behaupten, dass die Weinproduktion in einem traditionell geprägten Land kostenaufwendig und nicht profitabel sei. Von 6 Millionen Dekalitern und 3 Millionen Flaschen des tadschikischen Sekt, die vor 1985 hergestellt wurden und deren Geschmack und Beliebtheit nicht weniger als andere Weinen und „Krim Sekt“ war, wurde nur ein Drittel in Tadschikistan konsumiert. Der Rest wurde in die Mitgliedländer exportiert. Der Anteil der Alkoholindustrie im republikanischen Haushalt machte bis 1985 ungefähr 12-15% aus.
Genug Rohstoff, wenig Verarbeitung. Was tun?
Laut Statistiken des Landwirtschaftsministeriums betragen die Weintraubengärten in Tadschikistan etwa 38.000 Hektar. Jährlich werden im Durchschnitt 500.000 Tonnen Trauben geerntet, die pro Hektar 13 Tonnen Weintrauben oder 100 Hektoliter Wein entspricht. In 45 Bezirken Tadschikistans werden gegenwärtig 50 Rebsorten angebaut. Die führenden Bezirke im Bereich des Weinbaus sind Tursunzoda, Hisor, Shahrinav, Dangara, Istarvschan und Bobodschon Gafurov. Ein erheblicher Teil der Ernte wird ins Ausland exportiert. Große Nachfrage an tadschikische Weintrauben zum Verzehren kommt hauptsächlich aus Russland, Kasachstan, Afghanistan und Pakistan.
Im Gegensatz zur Weinproduktion entwickelt sich die Wodkaherstellung sehr gut. Die Wodkahersteller konzentrieren sich hauptsächlich auf die Bedürfnisse des eigenen Markts, obwohl tadschikischer Wodka hochqualitativ ist und viele anspruchsvollen Warentests bestanden hat. Die tadschikische Betriebe Tadschikistan verwendet zur Alkoholherstellung Rohstoffe aus Weizen und Bergquellwasser. Natürliche Quellen in Tadschikistan haben einen niedrigen Salzgehalt und ein hoher organischer Stoff, was für die für Wodkaproduktion günstig sind.
Warum ist der Privatsektor des Landes an Wein und Wodkaherstellung wenig interessiert, wenn das Land, wie oben erwähnt, jährlich bis 500.000 Tonnen zuckerreiche Rohstoffe produziert. Wir halten es Notwendig diese offene Frage zu klären und gleichzeitig die Grundlage für seine Herstellung zu skizzieren.
1. Es besteht kein Zweifel, dass industrielle Herstellung von Traubenwein im Gegensatz zu Wodka und Bier aufwendiger ist und viel Kapitalinvestitionen erfordert. Export der verarbeiteten Produkte anstelle von Rohstoffen erweist sich in der Regel als profitabler. Mit anderen Worten, die Weinexporte werden rentabler sein als die Traubenexporte.
2. Hochwertige Edeltropfen erfordern moderne Geräte und Anlagen, deren Kauf durch Bereitstellung von rückzahlbaren Darlehen möglich sein wird.
3. In den 20-30er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde eine Gruppe von Wissenschaftlern und Spezialisten aus der ganzen Ecke der Sowjetunion nach Tadschikistan geschickt, um das Zuckerrohr und Rumproduktion zu untersuchen und zu experimentieren. Zu diesem Zweck wurden neuen Forschungsinstituten, Labors und Weingüter gegründet. Dieser Sektor, der in Tadschikistan seit mehreren Jahren stillsteht, benötigt zum Wiederbeleben hochqualifizierte Fachkräfte, Manger auf Internationale Ebene sowie lokale Spezialisten.
4. Anpassung der gesamten Infrastruktur einschließlich Lagereinrichtungen müssen erneuert werden. Es ist notwendig neuen Sorten von einheimischen Weintrauben zu schaffen. Wie oben erwähnt, gehört Tadschikistan zu den günstigsten Ländern für Weinbau, deshalb der Anbau aller Rebsorten durchaus möglich ist.
5. Es ist erwiesen, dass es im Urlaub mehr Wein getrunken wird. Tadschikistan will sich als Reiseziel für Ökotourismus positionieren. Die Verfügbarkeit verschiedener Arten von edlen und hochwertigen lokalen Weinen können durchaus als kleine Anreiz und Motivation zum Reisen und Genießen in Tadschikistan dienen. Die Organisierung neuer touristischen Routen in die Weinberge, Kirschgärten geben die Möglichkeit zur Bekanntmachung der Produkte und Entwicklung der Branche.
Weinprodukte und seine Perspektiven
2019 wurde weltweit 224 Millionen Hektoliter (24,4 Million Tonnen) Rot- und Weißwein verbraucht (getrunken). Im vergangenen Jahr wurden 108 Millionen Hektoliter Wein eine oder andere Grenze passiert. Mit anderen Worten, jede zweite Weinflasche wurde außerhalb seines Herkunftslandes verbraucht.
Das Analyse- und Beratungsunternehmer „Wine Intelligence“ führte während der Coronavirus Pandemie eine Studie zum Alkoholkonsum durch und stellte fest, dass in europäischen Ländern, Großbritannien, Kanada, China und den USA deutlich mehr Alkohol als vor der Pandemie verbraucht wurde. Die Tendenz ist steigend. Den Studien zufolge wird es nun mehr Wein auch außerhalb der Esszeiten konsumiert. Das heißt, das weltweite Weinkonsumieren ist trotz der Pandemie gestiegen.
Andere Studie zufolge verzichten nun die Verbraucher von hochprozentigen Alkoholgetränke und bevorzugen trockene, halbtrockene und halbsüße Weinsorten. Einzelne Unternehmen haben mit Herstellung von leichten und kleinen Spezialbehältern (Thermo-Flachflaschen) begonnen, in denen man Wein lange halten kann, die man den Touristen oder Armeeangehörigen angeboten wird
Schließlich gilt die Alkoholproduktion als eine effiziente Quelle für den Staatshaushalt jedes Landes. Die Schaumweinsteuer für eine 0,75-Liter-Weinflasche beträgt ca. 1,02 Euro. Die Einnahmen aus der Schaumweinsteuer beträgt zwischen 320 bis 500 Mio. Euro.
Weinanbau bleibt weiterhin für Hersteller und auch für den Staat als ein profitabler Sektor der Wirtschaft. Hochwertige Rohstoffe, viele Sonnentage, billige Arbeitskräfte, süßes Wasser und bestehende Märkte sind die Hauptgrundlagen für die Entwicklung dieses Sektors, der glücklicherweise in Tadschikistan existieren.
Neue Visionen, Pläne für die Entwicklung dieser Branche, nachhaltige Produktionskapazitäten und die für beiden Seiten vorteilhaften Angebote sind wichtige Grundlage, um diesen einst entwickelten Bereich der tadschikischen Wirtschaft erneut zu beleben und dabei zu profitieren.